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Besamung in der Toleranzzucht

In der Toleranzzucht hat die Besamung in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Auch weltweit findet sie zunehmende Verbreitung. So bewarb beispielsweise ein iranischer Unternehmer auf der Eurobee Messe Friedrichshafen dieses Rundum-Paket: ein vollständiges Besamungsgerät + 4 Tage Besamungslehrgang + 5 Tage Städtereise im Iran.

Und es ist tatsächlich so, eine Zuchtpopulation über Besamung zu führen, ist sehr sicher und deutlich weniger aufwendig, als einen 10 km fassenden Schutzradius jährlich systematisch umzuweiseln. Viele autochtone Bienenrassen könnten auf diesem Weg in ihren Eigenschaften verbessert und erhalten werden, anstatt sie allmählich durch importierte Leistungsrassen zu verdrängen.

Die Zuchtwerte (www.beebreed.eu; Carnica; Hauptpopulation) spielen bei der Besamung eine entscheidende Rolle für die Auswahl der Anpaarung. Ohne Zuchtwerte ist keine Körung möglich, Körklassen werden über Zuchtwerte definiert. Die hier verwendeten Begriffe der Besamung leiten sich aus der Abstammungstafel (Pedigree) ab, die für jede Königin einzusehen ist.

Für die Besamung bringt die Paarungsbiologie der Honigbiene einen großen Vorteil: Drohnen sind haploid, sie haben einen einfachen Satz Erbanlagen und gehen genetisch auf ihre Großmutter zurück. Es ist einfach, die Genetik einer sehr guten Königin über ihre Töchter (Umlarven oder unbegattete Königinnen) für die Besamung zu nutzen.

Das sei kurz erklärt: die Großmutter, die 4a, legt befruchtete Eier, aus denen Königinnen werden. Diese Königinnen legen unbefruchteten Eier, aus denen Drohnen werden. Die Drohnen verwenden wir für die Besamung.

Die Palette der Möglichkeiten, Besamung gezielt einzusetzen, hat sich deutlich erweitert. Hier sollen kurz 4a-Besamung, 1b-Besamung und Ein-Drohn-Besamung SDI vorgestellt werden.

 

4a-Besamung: von 6 Töchtern einer 4a werden Drohnen aufgezogen. Jede Drohnenwabe ist mit Drittelrähmchen bestückt. In das Drohnenpflegevolk kommt jeweils ein Drohnendrittel jeder Tochter, insgesamt 2 ganze Drohnenwaben. Mehr verkraftet das Pflegevolk nicht!

Im Ergebnis ähnelt die 4a-Besamung einer Belegstellenanpaarung. Es werden eine größere Varianz an Eigenschaften und mehr Sexallele weitergegeben, als bei einer 1b-Besamung. Die weitergegebene Genetik ist durchschnittlich auf dem Niveau der 4a. Zwischen den Völkern einer so besamtem Geschwistergruppe können in der Leistungsprüfung deutliche Unterschiede auftreten.

 

1b-Besamung: bei dieser Variante wird die beste Königin einer Prüfgruppe zur Drohnenaufzucht herangezogen, sie weist eine sehr gute Eigenleistung vor. So wird die beste Eigenschaftskombination an die nächste Generation weitergegeben. Das Generationsintervall wird verkürzt, weil die Generation der Töchter für die Drohnenaufzucht entfällt.

Diese Anpaarungskombination ist nur über Besamung möglich. Die Zuchtwerte für eine 1b-Anpaarung werden auf Beebreed ausgewiesen.

Als Ergebnis zeigt sich eine eher homogene weil genetisch enger verwandte Geschwistergruppe. In der Leistungsprüfung treten Stärken und Schwächen deutlicher hervor.

 

Ein-Drohn-Besamung SDI (single drone insemination): Erfahrungen mit dieser Methode verdanken wir dem Verbundprojekt SMR-Selektion. Die Königin wird lediglich mit dem Sperma eines Drohns besamt. Ganz erstaunlich, im eingeschränkten Brutumfang eines Miniplus-Systems können SDI-Königinnen bis zu 3 Jahre alt werden!

Im Ergebnis zeigt die Genkombination 1Mutter:1Vater über SDI sehr deutlich, ob und wie gut Toleranzmerkmale in der Genetik vorhanden sind, hier wird speziell nach SMR und REC gesucht. Der Selektionsprozess kann durch SDI deutlich beschleunigt werden. Nach max. 2 Runden mit dieser speziellen Besamung und Selektion werden Geschwistergruppen „normal“ angepaart und in der Leistungsprüfung bewertet.

 

Zurzeit wird ein Verfahren erprobt, Drohnenwaben kurz vor dem Schlupf als Paket zu verschicken. So könnte Genmaterial in Form von Drohnen sehr einfach ausgetauscht werden.

 

Besamung, in Kombination mit den Zuchtwerten, ist ein sehr wirkungsvolles Instrument in der Bienenzucht. Zuchtfortschritt und Gewährleistung der genetischen Vielfalt in einer Zuchtpopulation brauchen dieses Instrument.

 

Dirk Ahrens

 

Bildunterschriften:

 

Bild 1: Quelle Dirk Ahrens

„Drohnenrahmen mit Dritteln für die 4a-Besamung“

 

Bild 2: Quelle Regionalgruppe Hessen

„Teilnehmer eines Besamungskurses an der Imkerschule Heidelberg“

 

Bild 3: Quelle Dirk Ahrens

„In solchen BK werden Königinnen für die Besamung aufgestellt.“

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